Friedhöfe in Wolfenbüttel (2)

von Peter Heinemeyer

Friedhof „Vor dem Herzogtore“ – St. Johannis-Kirchhof – Jüdischer Friedhof – Triangelfriedhof – Alter Katholischer Friedhof – Hauptfriedhof

Friedhof „Vor dem Herzogtore“

In der Nähe des „Grünen Platzes“ befindet sich der 1660 errichtete „Friedhof vor dem Herzogtore“. Der Herzog ließ dort bei der Erweiterung seiner Festungsanlagen ein neues Stadttor bauen und davor diesen Begräbnisplatz einrichten. Auf ihm sollten die Soldaten der Garnison und auch „Arme Sünder“ (s. oben) beigesetzt werden. Die letzte Bestattung erfolgte 1940. Davor teilten sich mehrere Kirchengemeinden diesen Friedhof, der zwischenzeitlich als Begräbnisplatz während diverser Umbaumaßnahmen der Festungsanlagen genutzt wurde, weil der „Alte Gotteslagersche Kirchhof“ (s. oben) nicht belegt werden konnte.

Auf ihm liegen u.a. der letzte Festungskommandant Wolfenbüttels und andere prominente Zeitgenossen. In den 1930er-Jahren hatte man Grundstücke von ihm verkauft und überbaut. In den Nachkriegsjahren wurden viele wertvolle Steine und Eisenteile entnommen und er sollte komplett überbaut werden, bis man sich dazu entschloss, ihn als Erholungspark umzuwidmen.




St. Johannis-Kirchhof

1663 wurde in der Auguststadt die St. Johanniskirche und mit ihr auch ein Begräbnisplatz errichtet. Zuvor, etwa um 1650, waren in der Auguststadt die ersten Hausstellen entstanden. Nach Angaben des Heimatpflegers und ehemaligen Kirchenvorstehers, Herrn K. Fricke wurden die Verstorbenen dieses Areals noch bis 1663 auf dem „Schlossfriedhof“ bestattet. Nach Herrn Dr. H.-H. Grote gab es keinen Beleg für die Existenz eines Friedhofs in unmittelbarer Nähe des Schlosses. Der St. Johannis-Kirchhof wurde bis 1878 belegt. Seitdem weisen nur noch vereinzelt stehende Gedenksteine auf die Existenz dieses Friedhofs hin.

Jüdischer Friedhof

Der jüdische Friedhof befindet sich etwas abseits gelegen in der Straße „Am Jahnstein“ in unmittelbarer Nähe zur „Ahlumer Straße“. Er wurde im Jahr 1724 eingerichtet.

Jüdische Bestattungsriten verlangen die Nutzung eines Grabes auf Ewigkeit. Da herkömmliche Friedhöfe in Deutschland eine Mehrfachbelegung der Gräber nach Ablauf der Pachtzeit ermöglichen, ist es für die Angehörigen des jüdischen Glaubens besonders wichtig, einen eigenen Friedhof zu haben. Der herzogliche Hofbeamte Marcus Gumpel Moses Fulda bat den Herzog um ein Stück Land zur Bestattung seiner Glaubensgeschwister.

Bis dato konnte die wachsende jüdische Gemeinde ihre Toten nur in Halberstadt oder in Hornburg bestatten. Die Überführung der Toten war deshalb stets mit enormen Transportkosten und sogar Zollgebühren verbunden. Nachdem sich die herzogliche Genehmigung verzögerte, erwarb Marcus Gumpel Moses Fulda kurzerhand ein Gartengrundstück außerhalb der Stadtmauern Wolfenbüttels und bat den Herzog um Erlaubnis dort einen Friedhof einrichten zu dürfen. Der Herzog stimmte zu, und ab 1724 durfte dort bestattet werden. Durch das Anwachsen der Wolfenbütteler Jüdischen Gemeinde musste in den darauffolgenden Jahrhunderten immer wieder neues Land hinzugekauft werden, damit der Friedhof erweitert werden konnte.

Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der Friedhof stark verwüstet. Eisenteile und Grabsteine wurden entnommen und anderweitig weiterverwendet. Man musste sich das Erscheinungsbild dieses Friedhofs vor 1935 folgendermaßen vorstellen: 2/3 seiner Fläche waren eng mit Grabsteinen bedeckt. Davon sind nach 1945 nur noch 233 Stück erhalten geblieben.

Die verbliebenen Grabsteine aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind auf der Vorderseite mit hebräischen Buchstaben graviert. Man hatte darin unter Verwendung von hebräischen Abbreviaturen die Lebensgeschichten der Verstorbenen eingemeißelt. Auf der Rückseite sind mit lateinischen Buchstaben die Namens- und Sterbedaten eingemeißelt. Damals gab es keine jüdischen Steinmetze, weil die vom Herzog geduldete jüdische Bevölkerung keine zunftgebundenen Handwerksberufe ausüben durfte. So kam es, dass die ortsansässigen Steinmetzte aus Unkenntnis teilweise fehlerhafte Texte einmeißelten.

In den 1970er Jahren wurde die Friedhofsmauer wiederhergestellt, weil man Vandalismus-Schäden vermeiden wollte. Heute finden auf ihm keine Beerdigungen statt, weil es in Wolfenbüttel keine jüdische Gemeinde mehr gibt. Das Grundstück wird vom „Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen“ verwaltet. Die Stadt Wolfenbüttel beteiligt sich an den Pflege- und Instandsetzungsmaßnahmen. Der Besuch des jüdischen Friedhofs ist nur in Absprache mit der jüdischen Gemeinde Braunschweig möglich.

Triangelfriedhof

Der Triangelfriedhof lag als dreieckige Fläche auf dem Gebiet zwischen der „Dr.-Heinrich-Jasper-Straße“ und der „Fritz-Fischer-Straße“ und teilweise direkt auf der Fläche der „Gabelsberger Straße“. Er wurde 1756 auf dem Grundstück des „Driangel“ (daher sein Name), einer als Gärtnerland genutzten Fläche zwischen der damaligen Abzweigung für die Straßen nach Groß Stöckheim und Thiede angelegt.

Dieser Friedhof hatte eine bewegte Geschichte: Weil der Herzog damals umfangreiche Truppen an seine Verbündeten entsandte, ließ er 1750 vorausschauend in der „Jägerstraße“ für seine Garnison ein Militärhospital einrichten. Ab 1752 durften dort auch Invaliden und Bürger behandelt werden. Man rechnete mit vielen Sterbefällen. So wurde 1756 auf Geheiß des Herzogs das obige Grundstück als Friedhof für die Verstorbenen des Militärhospitals eingerichtet. Betreut wurde dieser Friedhof von den Kirchengemeinden der Garnisonskirche Trinitatis und der St. Johanniskirche. Zwischen 1776 und 1783 kämpften herzogliche Truppen auf der Seite der Engländer in den amerikanischen Befreiungskriegen. Die zurückgekehrten Invaliden dieses Krieges wurden im Militärhospital behandelt. Die verstorbenen Veteranen wurden dann auf dem Triangelfriedhof beigesetzt.

Ab 1770 durften dort auch die Verstorbenen aus dem Armenhaus (Waisenhaus in der „Dr. Heinrich-Jasper-Straße“) beerdigt werden. Später kamen noch die Opfer aus den napoleonischen Befreiungskriegen und etliche Choleraopfer hinzu. Hier ruhen Soldaten, Veteranen, Invaliden und Bedürftige. Man könnte ihn als „Armenfriedhof“ bezeichnen. Da diese Toten fast ausnahmslos keine Angehörigen vor Ort hatten, „…verkam der Triangelfriedhof zu einem Platz von mangelhafter Beschaffenheit…“, der in Verruf geriet. 1879 fand auf ihm die letzte Beisetzung statt. Die St. Johannis-Gemeinde bekam das Friedhofsgrundstück von der damaligen Landesregierung überschrieben, lehnte aber den Weiterbetrieb als Friedhof ab und beschloss ihn zu schließen. Sie verfügte darüber, dieses Areal zu verkaufen, unter der Auflage, dass während einer angemessenen Ruhezeit von 30 Jahren keine Bebauung auf ihm stattfinden durfte.

Alter Katholischer Friedhof

Der „Alte Katholische Friedhof“ befand sich von 1830 bis 1899 in der „Friedrich-Wilhelm-Straße“ auf den Grundstücken des Gesundheitsamts und des danebenliegenden ehemaligen Künstlerateliers des Bildhauers Erich Schmidtbochum. Vom bereits seit 1660 vorhandenen Friedhof „Vor dem Herzogtore“ wurde damals der südlichste Teil an die katholische Gemeinde abgegeben. 1899 bekam die Gemeinde einen größeren Friedhof an der „Schinkelstraße“. Der Alte Katholische Friedhof war der erste seiner Art in Wolfenbüttel nach der Reformation von 1568 unter Herzog Julius. Die seit Beginn des 18. Jahrhunderts wieder tolerierte katholische Bevölkerung Wolfenbüttels musste davor bis 1829 ihre Verstorbenen entweder in Braunschweig oder im Kloster Dorstadt (bis 1802) beerdigen, wo es bereits katholische Friedhöfe gab.









Hauptfriedhof

Ende des 19. Jahrhunderts begann man sogenannte „Zentralfriedhöfe“ anzulegen. Einer davon ist der Hauptfriedhof an der „Lindener Straße“. Er wurde 1878 im Stil des „Historismus mit neugotischer Ausprägung“ eingeweiht. Durch die stetig steigende Bevölkerungszahl stieg auch der Bedarf an Begräbnisplätzen. Da die bestehenden Friedhöfe nicht mehr erweiterbar waren, wurde dieses Areal in Linden zugekauft und in die Obhut der Kirchengemeinden der Marien- und der Trinitatiskirche gegeben.

Auf ihm liegen berühmte Wolfenbütteler Bürger, wie zum Beispiel: Familie Barnewitz, Gerhard Kubetschek, Familie Mast, Familie Seeliger, Julius Elster und Hans Geitel. Auf ihm liegen aber auch Gefallene aus beiden Weltkriegen, Opfer der nationalsozialistischen Rechtsprechung, Opfer von Bombenangriffen und verstorbene russische Kriegsgefangene. Derzeit befinden sich auf dem Friedhof 17.000 Grabstellen, wobei der Anteil der Körperbestattungen stetig abnimmt und nur noch bei 60% liegt.

Man versucht den parkähnlichen Charakter zu erhalten, der vom alten Baumbestand und vielen Einzelgräbern geprägt ist. Ein Wandel der Begräbniskultur ist allerdings schon deutlich zu erkennen: Viele zusammenhängende Flächen werden für anonyme und halbanonyme Bestattungen genutzt, so dass sich das individuelle Erscheinungsbild dieses Friedhofs in den nächsten Jahrzehnten entscheidend verändern wird.

(Zu diesem Friedhof gibt es eine zusätzliche kuriose Geschichte in Teil 4.)




→ Teil 3
Auguststädter Friedhof – Katholischer Friedhof in der Schinkelstraße – St. Johannis-Friedhof Frankfurter Straße – Tierfriedwald am Lechlumer Holz – Erklärung zur Quellenbasis

← zurück zu Teil 1